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Gegenwart

Werk und Persönlichkeit

Als Barbara Hepworth 1975 bei einem Brand in ihrem Studio in St. Ives stirbt, bezeichnet sie der „Guardian“ in einem Nachruf als „wahrscheinlich die bedeutendste Künstlerin in der Geschichte der Kunst bis heute“. Sie hinterlässt ein umfangreiches künstlerisches Oeuvre und zahlreiche theoretische Schriften zum Wesen und zur Aufgabe der Kunst, insbesondere der Abstraktion. Nicht nur ihr Werk, sondern auch ihre Persönlichkeit, ihr konsequentes Eintreten für künstlerische und gesellschaftliche Positionen inspiriert Künstler:innen bis in die Gegenwart.

Nevin Aladağ – Der Klang der Dinge

Barbara Hepworth wächst in einer musikalischen Familie auf und pflegt enge Freundschaften zu Komponist:innen wie der Südafrikanerin Priaulx Rainier oder dem Briten Michael Tippett. In den 1950er Jahren beginnt sie mehrere Bühnenbilder für die Oper und das Theater zu entwerfen. Diese Erfahrungen und Beziehungen prägen ihre künstlerische Arbeit und ihr Interesse an den Parallelen zwischen musikalischer Form und abstrakter Skulptur. Besonders ihre Stringed Sculptures der 1950er Jahre erinnern mit ihren dünnen Baumwollfäden an abstrakte Saiteninstrumente. Bis heute gibt Hepworths Wirken wegweisende Impulse in der interdisziplinären Verschränkung von Kunst und Musik.

„Das Modellieren ist eine ganz eigene Facette der Kunst, die in gewisser Weise der Malerei nahesteht; und das Schnitzen gleicht vielleicht in mancher Hinsicht der Komposition von Musik.“
Barbara Hepworth, 1952
Barbara Hepworth, Orpheus (Maquette I), 1956
Sammlung Museum Helmond, Helmond, Niederlande, Barbara Hepworth © Bowness

Künstler:innen wie Nevin Aladağ (*1972) machen die grenzüberschreitende und gemeinschaftsstiftende Kraft der Musik zu einem Kernthema ihres Schaffens. Für ihre vierteilige Werkreihe Resonator (2019) verwendet die Künstlerin zum Beispiel Musikinstrumente aus der ganzen Welt und fügt sie zu collagenhaften, abstrakten Formen zusammen. Jede ihrer skulpturalen Resonanzräume orientiert sich dabei in Material und Form an einer anderen Instrumentengattung. Während die glänzende Messingkugel von Resonator Wind mit Teilen verschiedenster Blasinstrumente bestückt ist, setzen sich die hölzernen Klangkörper von Resonator Strings aus Elementen unterschiedlicher Saiteninstrumente zusammen.

„Ein resonierender Körper als Hohlkörper mehrerer Instrumente, die sich gegenseitig beeinflussen, ergänzen oder verstärken. Das ist gerade etwas, das mich sehr interessiert. Was beeinflusst wen wie, und ab wann beginnt eine Kakophonie.“
Nevin Aladağ, 2019
Nevin Aladağ, Resonator Strings, 2019, Resonator Strings, 2019, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023
© VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Claudia Comte – Das Wesen des Materials

Für die Schweizer Künstlerin Claudia Comte (*1983) ist vor allem Barbara Hepworths Umgang mit Form und Material sowie die starke Naturverbundenheit eine Inspirationsquelle für das eigene Schaffen. Die Methode des „direct carving“, der unmittelbaren Bearbeitung von Stein und Holz, ist dabei prägend für die künstlerische Praxis beider Künstlerinnen. Sie nutzen das Wesen des Materials, das sie bearbeiten, um eine Verbindung zwischen ihrer abstrakten Formensprache und der Natur herzustellen.

„Die Natur um mich herum hat mich immer schon stark beeinflusst und ist das Eigentliche, worüber ich in meiner Kunst sprechen möchte.“
Claudia Comte, 2023
Claudia Comte, Even Cacti Can’t Take the Heat, 2023, 6 Skulpturen aus Sequoia-Holz, Wandgemälde, Holz und Baumrinde
© Claudia Comte, Foto: Gunnar Meier

Die sechs Skulpturen der Installation Even Cacti Can’t Take the Heat – bestehend aus jeweils zwei Kakteen, Blättern und Korallen – wurden von Claudia Comte mit einer Kettensäge direkt aus dem Stamm eines einzigen Mammutbaums geformt. Zusammen mit dem Bodenbelag aus Baumrinde und einem monumentalen Wandgemälde wird die Arbeit zu einer raumgreifenden Installation. Mit dem eigens für die Ausstellung im Lehmbruck Museum entstandenen Werk erschafft Comte einen Erfahrungsraum, der die Besucher:innen unmittelbar einbezieht. Das große Wandgemälde greift Schlagzeilen aus Zeitungen auf, die die uns alle betreffende Klimakatastrophe als unausweichlich beschreiben. Wo beginnt unsere Verantwortung gegenüber der Umwelt? Und wann beginnen wir endlich zu handeln? Denn, so der Titel von Comtes Arbeit, selbst Kakteen können die drohende Hitze nicht ertragen.

Julian Charrière – Die Veränderung der Perspektive

Auch Julian Charrière (*1987) beschäftigt sich in seiner Kunst mit den verheerenden Auswirkungen menschlicher Eingriffe in die Natur. Der Künstler besucht Vulkane und Gletscher, Ölpalmplantagen und radioaktiv verstrahltes Gelände. An all diesen Orten findet er Inspirationen für seine Kunstwerke, in denen er sich mit der Klima- und Energiekrise auseinandersetzt. Mit Hepworth verbindet ihn das Interesse an der Erforschung der Beziehung zwischen Kunst und Natur und sie teilen die Überzeugung, dass die Kunst dazu beitragen kann, die Welt auf neue und unerwartete Weise zu sehen und zu verstehen.

„Man kann Realität schaffen und Realität verändern. Und Kunst ist dafür wohl gedacht. Dazu, ganz normale Dinge aus einem anderen Blickwinkel wahrzunehmen, und dies dann auch sichtbar zu machen.“
Julian Charrière, 2013
Charrières Arbeit Thickens, pools, flows, rushes, slow besteht aus Obsidian, einem Material, das bei der Eruption von Lava entstehen kann. Es verfügt nicht über die kristalline Struktur echter Mineralien, sondern ist eine erstarrte Flüssigkeit, eine Art schwarzes Glas, dessen physikalische Eigenschaften ein charakteristisches muschelförmiges Bruchmuster hervorrufen. Geleitet von der Idee der Materialwahrheit, die auch für Hepworths Werk kennzeichnend ist, arbeitet Charrière bewusst mit den physikalischen Eigenschaften des Materials und bringt seine Charakteristika wie Schärfe, Klarheit und Härte zur Geltung. Aus dem roh erscheinenden Obsidianblock haut er konkave, glatt polierte Rundungen heraus, die wie Spiegel die Umgebung reflektieren. Er verweist damit auch auf die rituelle Bedeutung von Obsidian, das seit Jahrtausenden die Kulturen fasziniert: Dunkle Obsidianspiegel lieferten den Azteken Omen, in der griechischen Mythologie wurde dem Obsidian eine Schutzfunktion zugesprochen und für die neuseeländischen Māori ist es eine heilige Substanz, die eng mit ihrer Schöpfungsgeschichte verknüpft ist.
Julian Charrière, Thickens, pools, flows, rushes, slows, 2020
© The Artist, VG Bild- Kunst, Bonn 2023, Foto: Jens Ziehe

Auch in Charrières Arbeit Metamorphism steht das Material im Vordergrund: Teile verschiedener technologischer Geräte wie Platinen und Mikrochips wurden in einer künstlichen Lava geschmolzen, wodurch sie zu ihren geologischen Ursprüngen zurückkehren. In Scheiben geschnitten, offenbart Metamorphism einen Einblick in die innere Struktur. Die^ Installation ist nicht nur ein ästhetisches Kunstobjekt, sondern lässt uns auch über den Abbau und die Verwendung von Rohstoffen sowie die Zukunft der künstlichen Nebenprodukte unserer Zivilisation nachdenken.

Tacita Dean – Die Form des Alltäglichen

Für die Rauminstallation Significant Form, die 2021 als Auftragsarbeit für The Hepworth Wakefield, einem Museum in West Yorkshire, hat sich Tacita Dean (*1965) intensiv mit dem Werk Barbara Hepworths beschäftigt. Sie kam bereits während ihres Studiums an der Falmouth School of Art mit Hepworths Kunst in Kontakt. Mit ihr verbindet sie das Interesse an der Landschaft Cornwalls, der rauen Küste und den prähistorischen Steinformationen. Und wie Hepworth ist auch Dean von der Idee der Materialwahrheit überzeugt.

Tacita Dean, Significant Form, 2021
© Tacita Dean, Foto: Dejan Sarić
„Das Material selbst wird dir etwas völlig Unerwartetes und etwas weit Besseres geben, als du beabsichtigt hast.“
Tacita Dean, 2018

Für die Installation hat Dean 130 Motive aus ihrer Sammlung von Postkarten und anderen Objekten ausgewählt, die sie über mehrere Jahrzehnte auf Flohmärkten zusammengetragen hat. Bestimmte Motive hat sie neu fotografiert und in verschiedenen Größen und auf unterschiedliche Papiersorten gedruckt. Inspiriert von Hepworths Formensprache wählte Dean Objekte aus, die ihre Motivwelt aufgreifen und erweitern – Formen und Figuren aus der natürlichen wie auch aus unserer zivilisatorischen Umgebung, denen sie skulpturale Qualitäten zuspricht. Ohne weitere Erklärung ermutigt uns Deans Bildkonstellation, unseren eigenen Lesarten und Assoziationen zu folgen. In der Betrachtung werden wir angeregt, eine eigene Bedeutung in den Formen zu finden, denen wir in dieser Installation, aber auch in unsrem Alltag begegnen. Deans Werk folgt keiner linearen Erzählung, dennoch entsteht eine Art visuelles Storyboard, in dem direkte Bezüge zu Hepworths Motiven sichtbar werden.

Nezaket Ekici – Der Entstehungsprozess im Fokus

Seit fast zwanzig Jahren arbeitet Nezaket Ekici (*1970) künstlerisch mit ihrem Körper, um ihn an seine Grenzen zu führen. Sie nutzt dabei Praktiken wie Wiederholung und akustische Verstärkung, um eindrucksvolle Szenen zu erschaffen. Ausgebildet als Bildhauerin, entschied sie sich früh für die flüchtige Ausdrucksform der Performance, in der sich immer wieder Elemente der Malerei, Bildhauerei und Installationskunst wiederfinden. Ekicis Arbeiten entstehen oft mit großem körperlichen Einsatz und entwickeln so eine starke Präsenz und Eindringlichkeit. In der fünfstündigen Performance Pars pro toto etwa entstehen aus einem geometrischen Eisblock mit der Zeit mehrere gleichermaßen durch die Hand der Künstlerin wie durch den Zufall geformte, kurzlebige Eisskulpturen. Die Erschöpfung, die die herausfordernde körperliche Arbeit mit dem unbeständigen Eis verursacht, ist der Künstlerin in der Aufzeichnung der Performance deutlich anzusehen.

Nezaket Ekici, Pars pro toto, 2019
© Nezaket Ekici, Foto: Andreas Dammertz

Die unmittelbare körperliche Bearbeitung des Materials rückt bei Ekici den performativen Entstehungsprozess in den Fokus. Auch für Hepworth ist die aktive Formfindung ein elementarer Bestandteil ihrer Werke. Mit ihrer Methode des „direct carving“ widmet sich die Künstlerin bereits in den 1930er Jahren der direkten Bearbeitung von Stein und Holz. Diese Technik erlaubt ihr nicht nur einen sehr freien Umgang mit dem Material. Über den Prozess des Schnitzens stellt sie auf diese Weise auch eine enge physische Verbindung zu ihren Werken her.

„Du kannst meiner Meinung nach keine Skulptur erschaffen, ohne deinen Körper einzubeziehen. Du bewegst dich und du fühlst und du atmest und berührst.“
Barbara Hepworth, 1975

Klang und Bewegung in den Werken Nevin Aladağs und Barbara Hepworth

Text von Anne Groh
»Kunst ist eine universelle Sprache – Musik hat die Stärke, uns zu vereinen und unseren Geist zu bewegen.«¹
Brief von Barbara Hepworth an den Herausgeber der St Ives Times, 1953

Die Kraft von Kunst und Musik, Menschen zusammenzubringen und über Grenzen hinaus zu bewegen, beschäftigte nicht nur Barbara Hepworth zu ihren Lebzeiten. Auch die fast siebzig Jahre später geborene Künstlerin Nevin Aladağ (* 1972) macht die grenzüberschreitende und gemeinschaftsstiftende Kraft der Musik zu einem Kernthema ihres künstlerischen Schaffens. In ihren installativen und performativen Arbeiten stellt sie dabei das Konzept der Transkulturalität in den Mittelpunkt – es verschmelzen musikalische Elemente unterschiedlicher Kulturen zu neuen, untrennbaren Einheiten. Über die reine Formgebung hinaus schafft Aladağ so ein Ausdrucksspektrum, das alle Sinne berührt.

Für ihre vierteilige Werkreihe Resonator (2019) verwendete die Künstlerin Musikinstrumente aus der ganzen Welt und fügte diese zu collagenhaften, abstrakten Formen zusammen. Die verschiedenen Klänge der einzelnen Instrumente verbinden sich miteinander zu einem gemeinsamen skulpturalen Resonanzraum. Es entstehen hybride, fast schon utopische Objekte, die unzählige Ausdrucksmöglichkeiten in sich vereinen.² Jede der Arbeiten orientiert sich dabei in Material und Form an einer anderen instrumentalen Familie. Die glänzende Messingkugel von Resonator Wind (2019) ist etwa mit Teilen verschiedenster Blasinstrumente aus Holz und Metall bestückt – von Querflöte, Saxophon oder Panflöte. Die reine Formgebung spricht bereits die akustische Wahrnehmung der Betrachtenden an und wirft dabei eine zentrale Frage auf: Wie klingt die Skulptur?³ Über die Mundstücke, die aus dem metallenen Resonanzkörper ragen, kann das Werk von mehreren Musiker:innen gespielt werden. Wechselseitig füllen sie den Resonator mit Luft und bringen ihn gemeinsam zum Schwingen. Die entstehenden Klänge verbinden unterschiedliche Musikrichtungen und historische Bezüge und öffnen das Werk den Grenzen von Raum und Zeit. Die Kuratorin Rachel Jans charakterisiert die Offenheit von Aladağs Arbeiten mit Blick auf das physikalische Phänomen des Klangs: Er »haftet nicht an Grenzen; er wandert, springt und hallt durch Raum und Material wider«.⁴ 

Diese zeitlose und vitale Qualität von Musik reflektierte auch Barbara Hepworth bereits früh in ihrer Kunst. Wie Aladağ wuchs Hepworth in einer musikalischen Familie auf, sie spielte verschiedene Instrumente und pflegte Freundschaften zu Komponistinnen und Komponisten wie Priaulx Rainier und Michael Tippett.⁵ Seit den 1950er-Jahren befasste sie sich zudem mit der Welt des Theaters und entwarf Bühnenbilder und Kostüme für Stücke wie The Midsummer Marriage von Tippett oder Elektra von Sophokles.⁶ In ihrer Monografie Carvings and Drawings beschreibt Hepworth die Relevanz, die Musik und Tanz für ihr Leben und Werk hatten: »Diese Dinge sind für mich besonders wichtig … Mein Zuhause und meine Kinder; Musik zu hören und über deren Beziehung zum Leben der Formen nachzudenken, die Notwendigkeit des Tanzens als Ausgleich und die Verbindung zwischen dem Tanz und dem tatsächlichen physischen Rhythmus des Schnitzens.« ⁷

Das Zusammenspiel zwischen Musik und Form, das Hepworth beschreibt, wird besonders in ihren Stringed Sculptures der 1950er-Jahre deutlich. Zwischen den für ihr Werk charakteristischen abstrakten und organisch gewölbten Formen sind dünne Baumwollfäden gespannt, die den Saiten von Musikinstrumenten ähneln. Die Skulptur Orpheus (1965) schafft zudem über ihre Titelgebung und die griechische Mythologie Bezüge zur Musik. Mit ihren gebogenen Schwingen erinnert das Werk an die Lyra des Sängers und Dichters Orpheus, der mithilfe seiner musikalischen Gabe seine Frau Eurydike aus den Fängen der Unterwelt zu befreien versuchte.⁸ Auf eine konstruktive Weise verbindet Hepworth in ihrer Skulptur die fließende, aufgespannte Form der Metallschwingen mit einem feinen Netz aus Schnüren und aktiviert dabei alle Sinne: Es scheint, als spüre man das Schwingen der Saiten, den Rhythmus der Musik und höre den weichen Klang der Lyra. 

Eben diesem sinnlichen Erleben verleiht Aladağ mit ihren Werken einen zeitgenössischen Ausdruck. Ihre Arbeit Resonator Strings (2019) ist eine polyphone Skulptur, die sich aus Elementen verschiedener Saiteninstrumente zusammensetzt: aus den hölzernen Resonanzkörpern und Saiten einer Akustik- und Bassgitarre, eines Cellos und einer Zither. Die strenge Geometrie und Abstraktion der äußeren Form treffen dabei auf das weiche Material des Holzes und die organische Vermischung von Klängen. Denn genau wie Resonator Wind ist auch Resonator Strings von Musiker:innen bespielbar, die das zunächst statische Werk in Bewegung versetzen. Wie ein Mobile, das vom Wind erfasst wird und in Schwingung gerät, werden Aladağs Resonators durch die Aktivierung der Musiker:innen für einen flüchtigen Moment zum Leben erweckt. 

Bereits in ihren frühen Videoinstallationen hatte sich die Künstlerin damit auseinandergesetzt, Musikinstrumente durch äußere Impulse zum Klingen zu bringen. So auch in ihrer Arbeit Session (2013), die in der Stadt- und Wüstenlandschaft der arabischen Stadt Schardscha entstand. Hier bespielen nicht Musiker:innen die Instrumente – stattdessen werden diese durch Wind, Wasser und Gravitation in Schwingung versetzt. Es entstehen Klanglandschaften, die in unmittelbarer Verbindung zur Atmosphäre und den Gegebenheiten der umliegenden Landschaft stehen. Für dieses Zusammenspiel von Kunst, Musik und Natur setzte Hepworth in ihrer Zeit ganz ähnliche Maßstäbe: »Ich glaube, dass Skulptur im freien Licht wächst und sich ihre Erscheinung mit der Bewegung der Sonne ständig verändert; und durch den darüberliegenden Raum und Himmel kann sie sich ausbreiten und atmen.«⁹ Sowohl bei Hepworth als auch bei Aladağ entsteht eine unverrückbare Symbiose zwischen den abstrakten Formen ihrer Skulpturen und dem Rhythmus der umgebenden Natur. Beide Künstlerinnen schaffen ein poetisches Werk, das über Bewegung und Klang zu einem ephemeren und zugleich befreiten Ausdruck findet. 

¹ Brief von Barbara Hepworth an den Herausgeber der The St Ives Times, 1953, wiederabgedr. in Bowness 2015, S. 83: »Art is a universal language— music has the power to unite us and transport our spirit«.

² Vgl. Schütz 2020, S. 87.

 Vgl. Aladağ 2023.

³ Jans 2019, o. S.: »The physical phenomenon of sound does not adhere to borders; it travels, bounces, and echoes through space and material«.

⁴ Vgl. Bonett 2013, o. S.

⁵ Vgl. Clayton 2021, S. 175–179.

⁶ Hepworth 1952, wiederabgedr. in Bowness 2015, S. 72: »These things 
are immensely important to me … My home and my children; listening to music, and thinking about its relation to the life of forms, the need for dancing as recreation, and where dancing links with the actual physical rhythm of carving«.

⁷ Vgl. Ausst.-Kat. Liverpool / New Haven / Toronto 1994, S. 154: Hepworths Werk entstand 1965 im Auftrag der Firma Philips für das Mullard House in London. Dort wurde es erstmals auf einem Sockel mit motorisierter Drehscheibe präsentiert, der das Werk in eine reale Bewegung versetzte und ihm einen flüchtigen Ausdruck verlieh.

Julian Charrière Ein rauchender Spiegel

Text von Nadim Samman

In Barbara Hepworths persönlicher Sammlung von Fundstücken findet sich zwischen Perlmuscheln und neolithischen Axtköpfen auch eine Klinge aus Obsidian. Ebenso wie die restlichen von der Künstlerin im Laufe ihres Lebens zusammengetragenen Objekte könnte sie »ohne Weiteres ein Hepworth en miniature sein« – ein handtellergroßes Beispiel für Formen, die jene der Künstlerin inspiriert haben.¹ Was diese Gegenstände miteinander verbindet, ist »eine attraktive Glätte, die etwas Rohes und Elementares verbirgt; sie wirken nicht wie von Menschenhand, sondern von der Zeit gemeißelt«.² An ihnen scheint sich die Grenze zwischen einer nicht (durch den Menschen) zweckgebundenen Objekthaftigkeit und dem Praktisch- Nützlichen herauszukristallisieren. 

Wie aus Hepworths Schaffen abzulesen ist, erstreckt sich diese ästhetische Zone zwischen dem, was der strukturalistische Anthropologe Claude Lévi-Strauss »das Rohe und das Gekochte« nannte,³ sowie zwischen Suggestion und Leere und gibt besonders kraftvolle Koordinaten für den skulpturalen Ausdruck vor, wie ihn auch Julian Charrières Werk Thickens, pools, flows, rushes, slows (2021) verkörpert. Hierbei handelt es sich um eine überdimensionierte Scherbe aus Obsidian – ein schwarzes vulkanisches, aus rasch abgekühlter Lava hervorgegangenes Glas. Die im Wechsel zerklüftete und fließende Oberfläche ist übersät mit halbkugelförmigen, vom Künstler herausgemeißelten und glatt polierten Aushöhlungen. Doch welches »Werkzeugsein« scheint hier auf? Hinsichtlich ihrer Geometrie erinnern die konkaven Einbuchtungen an Satellitenschüsseln – und somit an das Thema der Kommunikation über große Entfernungen. Doch auch wenn sie das Umgebungslicht in das verborgene Zentrum des Minerals leiten, entsprechen die vollendeten Vertiefungen eher den handgroßen Kristallkugeln, wie sie aus der Geschichte der Magie bekannt sind. Tatsächlich waren die frühesten Wahrsagekugeln (etwa jene des elisabethanischen Magiers Dr. John Dee) aus Obsidian gefertigt, nicht aus Kristall. Beide Materialien evozieren Vorstellungsbereiche, die mit spekulativen Fähigkeiten und einer gewissen Weltenthobenheit in Verbindung gebracht werden können. Durch die Verbindung von Elementarkräften, alten Praktiken und Verweisen auf die Gegenwart stellt sich der gesamte assoziative Komplex von Thickens, pools, flows, rushes, slows als orakelhaft dar. 

Außerhalb Europas, im vormodernen Mittel- und Südamerika, dienten polierte Obsidianspiegel als wichtige Requisiten spiritueller Rituale. So wurde etwa Tezcatlipoca, eine der zentralen aztekischen Gottheiten, unter anderem für Prophezeiungen angerufen. Sein Name wird häufig als »rauchender Spiegel« übersetzt und geht zurück auf die schwarzen Spiegel aus Obsidian, die für kultische Weissagungen in seinem Namen verwendet wurden. Der im Stein eingeschlossene schwarze Rauch trübt das Spiegelbild der Welt und verändert es, anstatt die Dinge »glasklar« zu zeigen – man sieht nicht nur ein Bild von dem, was (bereits) ist, sondern auch von dem, was sein könnte. Als ein rauchender Spiegel des 21. Jahrhunderts ruft Charrières Objekt zudem die obsidianartige tiefschwarz-kristalline Anmutung eines Smartphonedisplays auf. Obschon nicht im natürlichen Glutofen des Vulkans von Tequila geschmiedet, entspringt das Smartphone doch einem neo- alchemistischen Schmelztiegel. In solchen Forschungs- und Entwicklungslabors sind, so heißt es, visionäre Menschen am Werk, die die Zukunft ins Leben rufen. Wir starren in die schwarzen Spiegel, mit denen sie uns ausgestattet haben, und die mit ihrem Rauchvorhang Rätsel aufgeben und Zaubersprüche wirken lassen. In Bezug auf Platons Höhlengleichnis tritt der Bildschirm-Content an die Stelle des Unverborgenen / der Sonne, als ein Trugbild, wie es der heilige Paulus im Korintherbrief im dunklen Sehen ausmacht: »quasi speculum in aenigmate« – »durch einen Spiegel in einem dunklen Bild«.⁴

Der dunkle Bildschirm (oder Schleier) trennt die Benutzenden von seinem Innenleben und dem darin wirksamen dynamischen Prinzip. Als Spiegel zeigt die schwarze Oberfläche ein menschliches Abbild (ein Gesicht) und reflektiert eine scheinbar vertraute Welt. Doch das System (in dem wir uns zu spiegeln meinen) ist keine Anordnung von Farben, menschlichen Körpern oder Emoticons. Dahinter verbirgt sich eine völlig andere Art der Repräsentation. Computersprachen kennen keine Farbe. Unterhalb des Bilduniversums (der Oberfläche des Spiegels) bildetder Code seinen eigenen Kosmos von Zeichen, die zu Menschen ebenso wie zu Mineralien und Energieströmen sprechen. Das Bild auf dem dunklen Screen ist eine oberflächliche Wahrheit, die uns ablenkt. 

Hier trifft Mystik auf den Warenfetisch und sein Geheimnis; ein Geheimnis, das in die dunkle Logik von Tausch, Ausbeutung und ihren rekombinatorischen Auswirkungen – auf Arbeitnehmende, Umgebungen, Aufmerksamkeitsspannen, Welten – eingebettet ist.⁵ Das Fetischobjekt entspricht genau dem, was man sich von einem neuen Smartphone wünscht. Es ist ein schwarzer Spiegel, der Bilder zeigt, auch wenn er die klare Sicht beeinträchtigt. Tatsächlich verfolgen große Technologiekonzerne das Ziel, Blackboxes an Stellen einzurichten, wo ein zuvor offenes System wohl größere Vorteile geboten hätte. Die Dinge proprietär zu halten bedeutet, dass die Sonne nicht mehr über dem inneren Horizont des Geräts aufgehen kann, dass User auf festgelegte Inputs (etwa Prepaidsysteme) und vorgeschriebene Outputs beschränkt werden. Hinsichtlich ihrer Rechenkapazitäten könnten viele Geräte mehr als das leisten, wofür sie vermarktet werden. Eingeweihte wissen darum. Für sie kann das, was gekocht oder kristallisiert erscheint, neue Gestalt annehmen und wieder flüssig werden, offen für neue Deutungen oder Verwendungen. Die Fähigkeit, mit dieser metabolischen Kraft umzugehen, scheidet den zeitgenössischen Magier – oder Wahrsager – von seinem Publikum. 

Unter alldem strömt – wie der Titel eines weiteren Werkes von Charrière besagt – flüssiges Feuer.⁶ Als ein im Wortsinn vulkanischer Ausdruck, als Emanation der Eingeweide der Erde birgt das Objekt Thickens, pools, flows, rushes, slows eine erhabene metabolische Potenz, die über jeden menschlichen Rahmen hinausdeutet. Insofern erweist es sich als sinnbildliche Manifestation der Macht, die Welt nun und in Zukunft neu zu gestalten. Zwischen dem unaufhörlichen Brodeln des Magmas nur wenige Kilometer unterhalb der Erdoberfläche und den Lebensbildern, an denen wir uns alle festhalten müssen – daran, wie die Dinge sind und wie sie sein sollten –, befinden sich unzählige Bildschirme. Ihnen sind Vorstellungen wie Zweckmäßigkeit und Permanenz eingeschrieben. Sind sie Werkzeuge oder Ausdruck des Materials an sich? Was sehen wir an – und womit? 

¹ Saxby 2021.

² Ebd.

³ Lévi-Strauss analysierte mittel- und südamerikanische Mythen und zeigte, dass sie von gemeinsamen Leitmotiven geprägt sind, von empirischen Gegensatzpaaren wie »roh und gekocht«, »frisch und faul«. Die hinter den Erzählungen liegende Struktur bildet ein über Völker und Ländergrenzen hinweg geltendes kohärentes System, vgl. Lévi-Strauss 1971.

⁴ 1. Kor 13,12 (Lutherbibel 2017). Auf die Verbindung zwischen dem dunklen Sehen des heiligen Paulus und Platons Höhle hat René Guénon hingewiesen, siehe Guénon 1962, S. 206.

⁵ Oder: der Fetisch der Geheimhaltung. Marx’ Kommentare zur Ware ergeben durchaus Sinn: Eine Ware ist »ein sehr vertracktes Ding …, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken«, vgl. Marx 1890 [1867], S. 70.

⁶ Gemeint ist And Beneath It All Flows Liquid Fire (2019) von Julian Charrière.

Claudia Comte und Barbara Hepworth

Text von Emma Enderby

Sie wurden mit achtzig Jahren Abstand zueinander zu Beginn und zum Ende des 20. Jahrhunderts geboren und doch weisen das Leben und Werk der Künstlerinnen Claudia Comte und Barbara Hepworth eine verblüffende Parallele auf: Beide entwickelten einen einzigartigen Stil, der die Grenzen zwischen Abstraktion und Figuration verschiebt, neu verhandelt und infrage stellt. Er zeichnet sich durch abgerundete Formen und glatte Oberflächen aus, durch eine Beschäftigung mit dem Organischen, mit Maßstab und Materialität – vor allem Holz, Marmor und Bronze. Hepworths The Family of Man (1970) und Comtes The Italian Bunnies (2016) sind nur zwei Beispiele für Werkserien, die einem ähnlichen Typus anthropomorpher Familien entsprechen – Totems, angesiedelt zwischen Figur und abstrahierter Natur, die sich der Wiederholung, des Musters und der Variation bedienen, um Eigenheiten, ja Individualität im Kontext abstrahierter Formen zu erschaffen. Die Parallelen setzen sich in zahllosen Ausstellungen fort, in denen beide die Beziehung von Skulpturen zum oft unbeachteten Sockel wie auch zur Architektur und Landschaft, zum öffentlichen Raum und untereinander ausloten. Wenig überraschend also, dass Comtes Installation in der Ausstellung, die das Lehmbruck Museum Hepworth und den von ihr inspirierten Künstlerinnen und Künstlern widmet, dieser Fragestellung folgt. Die sechs Skulpturen – zwei Kakteen, zwei Blätter und zwei Korallen – sind aus dem Stamm eines einzigen Mammutbaumes gearbeitet und auf einem mit Erde und verbrannten Holzzweigen bedeckten Boden angeordnet, umgeben von einem der charakteristischen Wandgemälde der Künstlerin, die mit ihren serialisierten modularen Formen auf die Op-Art verweisen. Das Wandgemälde, erstmals in Verbindung mit Schlagzeilen aus Zeitungen, stellt die Installation in den Kontext der uns erwartenden Klimakatastrophe. Interessanterweise stellte Hepworth ihre Werke 1964 zusammen mit Bridget Riley, einer Hauptvertreterin dieser künstlerischen Bewegung, in der Ausstellung Painting and Sculpture of a Decade, 54–64 in der Londoner Tate aus. 

Es gibt noch eine weitere tiefere Gemeinsamkeit, die Comtes und Hepworths Arbeit miteinander verbindet: die in beider Kindheit erlebte Nähe zur Natur. So erklärte Hepworth: »Vielleicht wird ja das, was man sagen möchte, in der Kindheit geformt, und den Rest seines Lebens verbringt man mit dem Versuch, es zu sagen.«¹ Der Gegensatz zwischen den geschäftigen Städten Yorkshires und der Schönheit der umliegenden Natur, die sie mit dem Vater erkundete, prägte ihr Interesse an Formen in der Landschaft. Auch Comtes anhaltende Vorliebe für Holz und seine Bearbeitung lässt sich auf ihre Kindheit in der ländlichen Schweiz zurückführen, die sie am Fuße des Juras in einem Holzchalet am Waldrand verbrachte. Die Künstlerin sagt: »Die Natur um mich herum hat mich immer schon stark beeinflusst und ist das Eigentliche, worüber ich in meiner Kunst sprechen möchte.«² Und sie erzählt: »Als Kind war ich fixiert auf die Muster, die die Holzmaserung im Chalet aufwies. Ich war ganz hypnotisiert von dem Inneren der Dinge, vor allem von dem, was die Natur offenbaren konnte.«³ Nach Aufenthalten in Weltstädten – Hepworth in London, Comte in Berlin – kehrten beide Künstlerinnen in ihren Dreißigern zurück in die Natur. 

Comte hat Hepworth oft als Inspiration genannt, aber einige ihrer Gemeinsamkeiten liegen weniger in der Unmittelbarkeit des Einflusses als vielmehr in der grundlegenden Einstellung zu Form und Material, etwa in der Methode des direct carving, der direkten Bearbeitung von Stein und Holz, welche die Praktiken beider Künstlerinnen bestimmt. Hepworth setzte sie ab 1929 zunehmend ein und wandte sich dem Schnitzen in Holz zu. Im Geiste ihrer Zeit sah sie im direct carving eine Wiederbelebung bildhauerischer Techniken, der sich zu Beginn der Moderne eine Avantgardebewegung in Großbritannien und den Vereinigten Staaten verschrieben hatte. Hepworth wurde von Henri Gaudier-Brzeskas Vorstellung beeinflusst, dass durch die Technik des direct carving die psychologische Verfasstheit des Künstlers unmittelbar zum Ausdruck kommt, und der schöpferische Prozess dazu diene, die Wahrhaftigkeit des Materials herauszuarbeiten. Dieser Wunsch, die Taktilität oder das Wesen von Holz zu verstehen und zu erkunden, interessiert unverkennbar auch Comte in ihrem eigenen Prozess des direct carving. Behutsam entnimmt sie bereits gefällte Bäume aus der Landschaft, um sie sodann mit der Kettensäge zu bearbeiten und die Formen abzuschleifen. Dabei geht es ihr um die Suche nach Wahrhaftigkeit durch »eine reduzierte Bildsprache«.⁴ Über die während der Aufklärung einsetzende und von der Moderne noch verstärkte Trennung von Mensch und Natur geht Comte hinweg, widersetzt sich ihr und stellt sie infrage. Dabei scheint sie an die Philosophie des französischen Poststrukturalisten Bruno Latours anzuknüpfen, der sich entschieden gegen die von der Moderne postulierte Trennung von Natur und Kultur ausspricht, darin sogar die eigentliche Ursache der Probleme moderner Gesellschaften und besonders der Klimakrise erkennt. Die Sorge um die Natur ist ein bestimmender Faktor in Comtes Werk und geht über die bloße Wertschätzung oder Orientierung hinaus. 

Hepworths biomorphe Formen schöpfen aus der Abstraktion der Natur, dem Organischen. Oft waren sie in der Landschaft platziert und hoben sich doch bewusst von ihr ab: als Figur oder Form in der Natur, nicht als die Natur selbst, sondern, wie die Künstlerin sagte, als »eine Geste in der Landschaft«.⁵ Auch für Comte ließe sich anführen, dass sie ähnlich biomorphe Werke im Raum erschafft, doch zeigt sich in weiteren Arbeiten ein aktives Zusammenführen von Kunst und Landschaft, von Mensch und Natur. Womöglich auch aus diesem Grund richtete sie 2019 ihr Interesse auf das Schnitzen von Korallenformen, also Lebewesen, die gleichzeitig belebt und unbelebt sind, Tiere, die von einer unauflösbaren Partnerschaft mit Pflanzen abhängig sind, um felsenartige Formen zu bilden. Wie Pilze, Algen und Bäume existieren sie nicht als Einzelwesen, sondern sind miteinander verbundene und voneinander abhängige Einheiten, die ein Ganzes bilden. Korallen sind die mit am stärksten bedrohte Lebensform unseres Planeten und zugleich die Grundlage für die große Artenvielfalt der Ozeane. Diese Koexistenz führt Comte in ihrem Werk noch weiter, indem sie die Unterscheidung zwischen Kunst und Natur aufhebt. Im Rahmen der Alligator Head Foundation Residency schuf sie 2019 einen Unterwasser-Skulpturenpark aus gemeißelten Kakteen, mit dem Ziel, diese wieder zu einem Teil der Natur zu machen. Dies ist insofern gelungen, als nun Korallen auf den Kakteenformen zu wachsen beginnen. 

Hepworth und Comte bekunden eine dauerhafte Verbundenheit zu unserer Umwelt, sie formen den Werkstoff gemäß seinem Wesen, arbeiten unmittelbar in der Landschaft selbst und widmen sich der Kraft der Kunst, durch eine abstrakte Formensprache eine Verbindung zur Natur herzustellen. Während es zu Hepworths Lebzeiten in dieser Beziehung ebenso um Unterscheidung wie um Verbindung ging, lebt Comte in einer Zeit, in der die Abgrenzung, das »Außerhalb-der-Natur-Sein«, wie Latour es nannte, vom Verlust und Zusammenbruch unserer schönen Welt kündet. 

¹ Hepworth 1954, wiederabgedr. in Bowness 2015, S. 94: »Perhaps what one wants to say is formed in childhood and the rest of one’s life is spent in trying to say it«.

² Comte 2023: »The nature I was surrounded by always really appealed to me and it’s the main thing I want to talk about in my art«.

³ Comte 2022, S. 14: »As a child, I was fixated on the patterns made by the wood in the chalet. I was totally hypnotised by the inside of things, particularly by what the natural world could reveal«.

⁴ Ausst.-Kat. Luzern 2017, S. 93.

⁵ Hepworth 1954, wiederabgedr. in Bowness 2015, S. 95: »a gesture in landscape«.

Signifikante Formen: Überlegungen zur Formenwelt Tacita Deans und Barbara Hepworths

TExt von Nina Hülsmeier

Tacita Deans künstlerisches Werk vereint unterschiedliche Medien wie Film, Fotografie, Zeichnung, Grafik und Collage. Auf den ersten Blick scheint es wenig mit den skulpturalen Arbeiten Barbara Hepworths gemein zu haben. Ihr Kunststudium brachte Tacita Dean jedoch bereits in den 1980er-Jahren mit Hepworth und anderen Künstlerinnen und Künstlern der St Ives School in Kontakt. Neben dem gemeinsamen Interesse an der Landschaft Cornwalls und ihrer Formenvielfalt verbindet beide Künstlerinnen die Bedeutung, die sie den Eigenschaften des Materials in ihrem Werkprozess beimessen.

Mit der Arbeit Significant Form vertieft Tacita Dean ihre Beschäftigung mit Hepworths künstlerischem Vermächtnis in einer für The Hepworth Wakefield entworfenen Arbeit. Die raumgreifende Installation besteht aus hundertdreißig Motiven aus Deans Sammlung von Postkarten, die sie über viele Jahrzehnte auf Flohmärkten zusammengetragen hat. Ausgewählte Motive hat die Künstlerin neu fotografiert und in verschiedenen Größen und Papiersorten gedruckt. Entstanden ist eine Wandinstallation mit unterschiedlichsten Motiven, die sich jedoch in ihrer Linienführung und ihren Formbeziehungen ähneln, teils explizit aufeinander beziehen. In der Installation finden sich Objekte und Formationen, die entweder der Natur entstammen oder von Menschenhand geschaffen wurden. Viele Motive zeigen biomorphe, abgerundete oder halbkreisförmige Felsformationen, Hügel, Höhlen oder Stalaktiten. Zu sehen sind auch steinzeitliche Objekte wie Megalithen, Dolmen, unbehauene Steinblöcke, die aufgerichtet allein oder in Gruppen positioniert wurden. Wasserfontänen von Brunnen, der Bauch eines Mannes, eine Taube, historische Porträts und kleine surreale Objekte komplettieren das visuelle Kompendium. 

Inspiriert durch Hepworths Formensprache, wählte Tacita Dean Objekte aus, die Hepworths Motivwelt aufgreifen und zugleich erweitern, indem sie sich auf Formen und Figuren aus der natürlichen wie auch aus der zivilisatorischen Welt beziehen. Die minimalistisch-abstrakten Arbeiten Hepworths begegnen einem Bildreichtum, der unmittelbar als visuelles Sampling wahrgenommen wird und dessen einzelne Motive das Potenzial skulpturaler Formen in sich tragen. Tacita Deans Bildersammlung eröffnet einen assoziativen Raum für mögliche Formenbeziehungen. In den mehrschichtigen Konstellationen aus unterschiedlichen Kontexten schafft sie ein schlüssiges Ganzes. Auch wenn der Motivraum keine lineare Erzählung vermittelt, so entsteht doch eine Art visuelles und abstrakt-lyrisches Storyboard, anhand dessen die Betrachtenden sich an eine individuelle Formenerzählung annähern und direkte Anleihen zu Hepworths Motivik erkennen können. 

Vor der Folie der Kunst Barbara Hepworths wirkt diese nur scheinbar heterogene Bildersammlung ungeachtet ihres dokumentarischen Charakters harmonisch. Der Unterschied zwischen dreidimensionalen Skulpturen und zweidimensionalen Abbildungen erscheint hier nicht als Widerspruch, sondern als wirkungsvolle Erweiterung des Hepworth’schen Kanons. Seit ihrer Kindheit sah Hepworth flächige Formen und Konturen als plastische Gebilde. Ausgehend von ihrem Landschaftsbegriff, der stark durch ihre Jugend in Yorkshire und ihre spätere Wahlheimat Cornwall beeinflusst wurde, entwickelte sie generelle Gestaltungsprinzipien: die stehende Einzelform stellvertretend für den Menschen in der Landschaft, zwei Figuren für die Beziehungen der Lebewesen zueinander sowie die geschlossene, ovale oder durchbrochene Form; Letztere bilden die Grund- oder Urmotive innerhalb ihres Werks.¹ Zu Hepworths Inspirationsquellen zählen natürliche und auch kulturell-prähistorische Monumente wie Chûn Quoit oder Mên-an-Tol, die den Landschaftsraum Cornwalls prägen. Diese landschaftlichen Impulse sind nicht nur in ihren skulpturalen Arbeiten zu erkennen, Hepworth hat sie auch bildlich festgehalten. Neben Aufzeichnungsbüchern, die ihr bildhauerisches Schaffen dokumentieren, fotografierte sie die Landschaft und die in ihr enthaltenen natürlichen Formationen.² 

Vor diesem Hintergrund erscheint Tacita Deans Arbeit als ein visueller Resonanzraum für Hepworths künstlerische Formenwelt. Der Titel der Arbeit Significant Form stellt einen Bezug zu dem gleichnamigen Kapitel des Buches »Art« (1914) des Kunstkritikers Clive Bell her.³ Bell legte für seine Theorie einige Kriterien fest, die ein Objekt besitzen muss, um als signifikante Form wahrgenommen zu werden. Wichtig sind vor allem die Kombination der Linien, Farben und Formen miteinander sowie deren Relation zueinander. Laut Bell entscheiden die dadurch hervorgerufenen Emotionen darüber, ob etwas als Kunstwerk gelten kann.⁴

In ihrem Werk zeigt sich Barbara Hepworths große Sensibilität für die besonderen Eigenschaften der Werkstoffe, die sie nutzte. Mit dem von ihr und ihren Zeitgenossen definierten Begriff der »Materialtreue« ist gemeint, dass eine skulpturale Form durch den Charakter der verwendeten Materialien bestimmt wird.⁵ Hepworth ging auf deren physikalische Besonderheiten ein, um daraus Formen für ihre Werke abzuleiten, anstatt sie einfach zu formen: »Jedes Material erfordert eine bestimmte Behandlung, und es gibt eine unendliche Anzahl von Themen im Leben, die jeweils in einem bestimmten Material nachgebildet werden müssen.«⁶

Auch Tacita Dean geht es in ihren Werken um materielle Aspekte ihrer Arbeitsmedien. Aufnahme, Entwicklung und Bildbearbeitung sind bei ihr zeitaufwendige Prozesse, in denen eine notwendige qualitative Verdichtung der Materialien erfolgt. Die analoge Fotografie ist für Dean nicht nur Medium, sondern Material und Inhalt der Arbeit zugleich. Im Unterschied zum digitalen Video vereinen sich in der Analogfotografie Materie und Licht. Dean glaubt an die Sinnlichkeit des Fotomaterials, seine Möglichkeiten und seine Geschichte: »Ein fotochemisches Bild hat diese nicht quantifizierbare Tiefe, die man bei einem digitalen Bild nicht hat. Das liegt daran, dass es eine Schicht nach der anderen von Chemikalien, eine Schicht nach der anderen von Emulsionen gibt, und man erhält diesen tiefen, tiefen Reichtum.«⁷ In ihrer ebenso konzeptionellen wie kontemplativen Analyse führt die Künstlerin vor, was die Sinnlichkeit und Präsenz von Bildern in Beziehung zur eingesetzten Materialität ausmacht – eine Qualität, die im Zeitalter digitaler Reproduktion zu verschwinden droht. 

Ohne weitere Erklärungen laden Tacita Deans vielfältige Bildkonstellationen dazu ein, eigene Assoziationen zu entwickeln. Die Betrachtenden entdecken individuelle Bedeutungen in den Formen, die ihnen bekannt erscheinen und verbinden sie mit der Motivwelt abstrakter Skulptur. Significant Form ist ein Stück visueller Poesie, das Barbara Hepworths künstlerisches Werk ehrt. 

¹ Vgl. Hepworth 1971.

² Vgl. Clayton 2023, S. 92.

³ Bell 1914.

⁴ Vgl. ebd.

⁵ Henry Moore erläuterte in der von Herbert Read herausgegebenen Publikation Unit 1 diesen kunstpraktischen Ansatz »truth to material«, der sich auf das Verfahren und die Materialien konzentriert und der von grundlegender Bedeutung für die moderne britische Bildhauerei ist, vgl. Read 1934, S. 29–30.

⁶ Hepworth 1930, wiederabgedr. in Bowness 2015, S. 14: »Each material demands a particular treatment and there are an infinite number of subjects in life each to be re-created in a particular material«.

⁷ »There is this unquantifiable thing called depth in a photochemical picture that you don’t have on a digital one. And that’s because it is layer upon layer of chemicals, layer upon layer of emulsions and you get this deep, deep richness.« Dean 2021, Min. 2:59.

Performative Skulptur bei Nezaket Ekici

Text von Jessica Keilholz-Busch

»Meiner Meinung nach kann eine Skulptur nicht ohne Einbeziehung des eigenen Körpers erschaffen werden. Man bewegt sich, man fühlt, atmet und berührt.«¹ 

Wasserkocher blubbern, leise tröpfelt Wasser an den Seiten eines großen, klaren Eisblocks herunter in einen rechteckigen Glaskasten. Der Raum ist dunkel, ein heller Lichtkegel ist auf den Eisblock gerichtet, an dem Nezaket Ekici steht. Sie trägt eine Schürze und Armstulpen, die aus leuchtend gelben Putztüchern genäht sind. In der fünfstündigen Performance Pars pro toto (2019) übergießt die Künstlerin den Eisblock mit heißem Wasser, bearbeitet ihn mit einem Bügeleisen, mit ihrem gesamten Körper, der Wärme ihrer Hände, ihres Gesichts. Das Schmelzwasser entnimmt sie dem Bassin und nutzt es, um es zu erhitzen und den Eisblock erneut damit zu begießen. Der stete Tropfen höhlt das Eis. Aus dem geometrischen Block entstehen mit der Zeit mehrere gleichermaßen durch ihre Hand wie durch den Zufall geformte, ephemere Eisskulpturen. Sie werden immer fragiler, brechen schließlich, bis der letzte Rest unter der aufmerksamen Beobachtung der Künstlerin schmilzt. 

Der Titel der Performance bezieht sich auf den lateinischen Ausdruck pars pro toto, der anzeigt, dass ein Teil stellvertretend für das Ganze steht. Das allmähliche Schmelzen des Eises kann als ein Verweis auf die Vergänglichkeit des Lebens oder das Verrinnen der Zeit verstanden werden. Gleichermaßen bezieht es sich auf übergeordnete globale Prozesse wie den durch den Menschen verursachten Klimawandel. Die Performance thematisiert die Auswirkungen der globalen Erwärmung und die damit verbundenen Bedrohungen für die Erde – in einer kraftvollen und zum Nachdenken anregenden Erfahrung für das Publikum. Ekici möchte damit das Bewusstsein für Umweltfragen schärfen und die Menschen für globale Zusammenhänge sensibilisieren.
 
Seit fast zwanzig Jahren arbeitet Ekici künstlerisch mit ihrem Körper. Sie nutzt dabei Praktiken wie Repetition und akustische Verstärkung, um eindrückliche Szenen zu erschaffen. Ausgebildet als Bildhauerin, entschied sie sich früh für die flüchtige Ausdrucksform der Performance. Ihre Arbeiten sind oft von hohem körperlichem Einsatz geprägt und entwickeln dadurch – auch in ihren Videoaufzeichnungen – eine starke Präsenz und Eindringlichkeit. In der Aufzeichnung der Performance Pars pro toto ist der Künstlerin die Erschöpfung anzusehen, die durch die herausfordernde körperliche Arbeit mit dem schmelzenden und ephemeren Material Eis einhergeht. 

Ähnlich intensiv ist auch der körperliche Einsatz bei Cohesion Patterns, einer Serie von Videoperformances, die Ekici im Jahr 2020 begonnen hat. Im Lehmbruck Museum führt sie die Serie erstmals als Liveperformance mit dem Untertitel Pierced Form als direkte Reminiszenz an Barbara Hepworth, ihre Formen, vor allem aber ihre künstlerische Praktik des Piercing weiter. Mit einer fünfzig Zentimeter langen und mehrere Kilogramm schweren Stahlnadel durchsticht die Künstlerin aus Holz vorgefertigte, weiß angestrichene, löchrige Formen. Dabei zieht sie ein zweihundert Meter langes Seil immer wieder durch die Öffnungen der organisch abstrakten Gebilde. Unter großem körperlichem Einsatz verschwinden die Formen nach und nach unter einem immer dichter werdenden Geflecht farbiger Seile. 

In ihrer künstlerischen Praxis lässt sich Ekici oft von kunsthistorischen Vorbildern inspirieren. In Arbeiten wie Nobles Opak (seit 2004), einer mehrtägigen tänzerischen Performance, setzt sie sich mit den Künstlerpersönlichkeiten Egon Schiele und Gustav Klimt auseinander. Blind (seit 2007) hingegen ist von einem Motiv aus dem Gemälde Heilige Cäcilie – Das unsichtbare Klavier des Surrealisten Max Ernst inspiriert. Ekici versetzt sich selbst in das Martyrium der Heiligen, indem sie sich in eine Art Sarkophag aus Gips begibt, der lediglich ihre Arme freilässt und dessen Öffnungen gleichzeitig ihre einzige Quelle der Luftzufuhr bilden. In ihren Händen hält sie Hammer und Meißel, um sich damit aus ihrem Gefängnis zu befreien.² 

Ekici selbst versteht ihre Performance Cohesion Patterns_Pierced Form als eine Hommage an die Künstlerin Barbara Hepworth und knüpft mit dem Stück auch an übergeordnete Themen wie gesellschaftliche Rollenbilder, Erwartungen und Konventionen an. Während sie die löchrigen, organischen Formen mit Nadel und Faden durchsticht und damit eine traditionelle Frauentätigkeit ausübt, ist Ekici in ein festliches Kleid gehüllt und bestätigt so vordergründig die an ihr Geschlecht gestellten Erwartungen. Doch die schweißtreibende, physische Arbeit führt diese Annahme schnell ad absurdum. Ekici lenkt die Aufmerksamkeit auf Vorurteile und geschlechtsbezogene Klischees, mit denen Hepworth zu ihren Lebzeiten konfrontiert war, und die auch in der Gegenwart immer noch in den Köpfen vieler Menschen präsent sind. 

¹  Hepworth 1975, S. 21: »You can’t make a sculpture, in my opinion, without involving your body. You move and you feel and you breathe and you touch«.

²  Vgl. Fast 2011, S. 21.

Befreite Formen – Laurenz Theinert im Lehmbruck Museum

Text von Guido Meincke

Laurenz Theinert ist Medienkünstler. Von der Fotografie herkommend, befasst er sich mit dem ästhetischen Potenzial der Abstraktion in den Neuen Medien, die er als Träger von Information reflektiert und weitgehend von repräsentativen Funktionen befreit. Theinerts Arbeiten bilden keine Realität ab, sondern schaffen sie neu aus den Eigenschaften und Strukturen des Mediums selbst. Die radikale Reduktion visueller Information rückt die Mechanismen der Wahrnehmung ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Die »Konkrete Fotografie«, der Theinert sich selber zuordnet,¹ thematisiert sich selbst, das Licht und die Apparatur, die es lenkt, bricht, projiziert und materialisiert. Dazu gehört im digitalen Zeitalter auch die elektronische Bildverarbeitung, die den Gestaltungsspielraum erweitert. Das freie Spiel von Kontrasten und Farben, geometrischen Formen und grafischen Strukturen bestimmt die visuellen Dimensionen, die er in seinem künstlerischen Werk erforscht. 

Laurenz Theinerts abstrakte Bildwelt ist aber nicht an die Fläche gebunden; sie breitet sich in Installationen und Environments raumgreifend aus. Das Licht als solches wird zum Material und Werkzeug, zum Gestaltungsmedium, das eine weitere Wahrnehmungsebene wie eine zweite Haut über die Umgebung legt und ein Eigenleben entwickelt. Die Projektion lässt ephemere Farb-Licht-Räume entstehen, die das Kunstwerk vollständig »entmaterialisieren«. Neben Museen und Galerien bespielt Theinert als Lichtkünstler auch urbane Situationen und Architekturen im öffentlichen Raum. Linien und Flächen geraten in Bewegung, schwingen, flackern, pulsieren, tauchen auf und verschwinden. Die dynamischen Lichtzeichnungen münden in einen Tanz autonomer Farben und Formen. Die Dreihundertsechziggrad- Panoramaprojektion lässt dabei immersive virtuelle Räume entstehen, die sich mit den Oberflächen des realen Umraums verweben, ihn überlagern und durchdringen. 

Seit 2008 kommt in Liveperformances ein visual piano zum Einsatz, das Theinert gemeinsam mit den Softwareentwicklern Roland Blach und Philipp Rahlenbeck konzipiert hat. Eine Tastatur mit Musical-Instrument-Digital-Interface (MIDI) erlaubt es, im Unterschied zu herkömmlichen Projektionstechniken, nicht nur vorprogrammierte Clips und Patterns abzurufen, sondern Lichterscheinungen über Keyboard und Pedale in Echtzeit zu generieren und zu modulieren. Auf diese Weise wird es möglich, direkt mit Musiker:innen oder Tänzer:innen zu interagieren und das Gehörte spontan in visuellen Mustern zu interpretieren. 

Lichtbild und Klangfarbe, Frequenzen von Licht und Ton verbinden sich in der Live-Erfahrung zu einem synästhetischen Gesamtkunstwerk, das sich in der Zeit entfaltet, die Prozesse von Hören und Sehen entgrenzt und neu strukturiert. Wie bei seinen Installationen und der Kunst am Bau arbeitet Laurenz Theinert auch bei seinen Lichtkonzerten häufig orts- und kontextbezogen. Anlässlich der Ausstellung Die Befreiung der Form. Barbara Hepworth – Meisterin der Abstraktion im Spiegel der Moderne wird das Lehmbruck Museum zur Projektionsfläche einer Phantasmagorie befreiter Strukturen, Farben und Formen. Die künstlerische Abstraktion, die Lösung vom Gegenstand, die Entgrenzung und Entmaterialisierung erscheinen vollendet und an ihrem vorläufigen Ziel angekommen zu sein. 

¹  Vgl. Bullinger 2009.